Bei wiederholter Belästigung oder auch bei Bedrohungen oder Übergriffen besteht die Möglichkeit eine einstweilige Anordnung nach dem Gewaltschutzgesetz beim zuständigen Familiengericht zu beantragen. Diese Anordnung verbietet dem Antragsgegner, also dem Stalker, sich in einem bestimmten Radius der Wohnung, dem Arbeitsplatz oder anderen möglichen Orten, an denen sich das Opfer aufhält, zu nähern oder sich in einem bestimmten Umkreis aufzuhalten. Außerdem können Kontaktaufnahmen per Telefon, Internet, SMS, Brief, über Dritte usw. untersagt werden. Verstöße gegen so eine Anordnung können mit Zwangsgeldern oder Zwangshaft geahndet werden. Leben Täter und Opfer zusammen, kann der Täter der Wohnung verwiesen werden. Das Familiengericht ist generell für Anordnungen nach dem Gewaltschutzgesetz zuständig, auch wenn man mit dem Täter oder der Täterin in keinerlei familiärer Beziehung steht und stand.
Die einstweilige Anordnung ist auch unter den Begriffen einstweilige Verfügung, Kontaktverbot, Näherungsverbot, Unterlassungsverfügung und ähnlichem bekannt.
Wie erhält man eine einstweilige Anordnung?
Um eine einstweilige Anordnung zu erhalten, muss man beim örtlichen zuständigen Familiengerich einen Antrag stellen. Hierfür gibt es mehrere Möglichkeiten. Man kann direkt zum Gericht gehen und bei der Rechtsantragsstelle den Antrag zu Protokoll geben. Leider gibt es hier immer wieder Fälle, bei denen die dort zuständigen Rechtspfleger Opfer wieder weggeschickt haben, was natürlich nicht in Ordnung ist! Ein weiterer Weg ist den Antrag über einen Anwalt zu stellen. Für sozial Schwächere gibt es hier die Möglichkeit einen Beratungshilfeschein zu beantragen bzw. Verfahrenskostenhilfe (früher Prozesskostenhilfe PKH)
Für den Erhalt der einstweiligen Anordnung benötigt man erstmal keine Beweise, sondern es reicht die Glaubhaftmachung des Sachverhaltes aus, sprich, man schildert in einer eidesstattlichen Versicherung was geschehen ist und wieso man diese Schutzanordnung braucht
Wie lange dauert es, bis so eine Anordnung erlassen wird?
In aller Regel dauert es von einigen Stunden bis hin zu wenigen Tagen. Das Verfahren der Einstweiligen Anordnung ist ein Eilverfahren, weswegen es hier natürlich keine monatelangen Wartezeiten gibt
Wer erhält alles die einstweilige Anordnung?
Die zuständige Polizeiinspektion, der Antragsteller und der Antragsgegner erhalten jeweils eine Ausfertigung der einstweiligen Anordnung. Der Antragsgegner, also der Stalker, bekommt die Anordnung durch den Gerichtsvollzieher zugestellt. Die Zustellung wird dokumentiert. Unter bestimmten Umständen wird so eine Anordnung auch an das Jugendamt weiter gegeben
Wie geht es nach Erlass so einer Anordnung weiter?
Der Täter hat die Möglichkeit gegen die einstweilige Anordnung vorzugehen, indem er eine mündliche Verhandlung beantragt. Dann kommt es zu einer Gerichtsverhandlung in der der Antragssteller, der Antragsgegner, sowie möglicherweise involvierte Anwälte und der Richter anwesend sind. Da das Gewaltschutzgesetz der Gerichtsbarkeit des Familiengerichtes unterstellt ist, sind diese Verhandlungen grundsätzlich nicht öffentlich. Das heißt das mögliche Betreuungspersonen wie Angehörige oder Mitarbeiter von Opferschutzorganisationen nicht mit in den Gerichtssaal dürfen.
In der Verhandlung erhält jede Partei die Möglichkeit Stellung zu beziehen. Wenn man einen Anwalt dabei hat kann man auch den Anwalt sprechen lassen, wenn man sich selbst dazu nicht in der Lage fühlt. Am Ende der Verhandlung wird der Richter entscheiden ob die einstweilige Anordnung bestehen bleibt oder ob sie aufgehoben oder abgeändert wird, es kann auch passieren das der Richter nicht sofort eine Entscheidung trifft, dann heißt es, dass die Entscheidung, schriftlich, im schriftlichen Verfahren oder im Bürowege ergeht. Einfach gesagt, sie kommt dann per Post.
Was passiert wenn der Täter gegen die Anordnung verstößt?
Sollte der Täter gegen die einstweilige Anordnung verstoßen, so sollte man jeden einzelnen Verstoß umgehend bei der Polizei anzeigen UND auch beim zuständigen Gericht einen Antrag auf Zwangsmittel stellen. In diesem Antrag schildert man den Verstoß und bittet darum, eine Zwangsmaßnahme (Zwangsgeld oder Zwangshaft) zu verhängen. Das Gewaltschutzgesetz ist das einzige deutsche Gesetz, welches eine Doppelbestrafung möglich macht, da es sowohl zivilrechtlich, als auch strafrechtlich verfolgt werden kann. Dies mag jetzt im ersten Augenblick ein wenig unfair klingen, doch gibt es für den Täter ja eine ganz einfach und völlig kostenlose Möglichkeit, er braucht einfach nicht gegen die Anordnung verstoßen!
Da die Strafen die im Gewaltschutzbereich verhängt werden meist recht niedrig sind, empfehle ich dringend immer den strafrechtlichen, wie auch den zivilrechtlichen Weg zu gehen. Außerdem erleichtert das zweigleisig fahren natürlich weitere juristische Schritte, wie z.B. eine Anzeige wegen Nachstellung oder eine möglicherweise notwendige Verlängerung der Anordnung.
Man sollte bei Verstößen nicht zu hohe Erwartungen an die Strafe haben, die den Täter erwartet. Erfahrungsgemäß passiert oft gar nichts oder die Strafen sind in einem extrem niedrigen Rahmen. Erst die Masse der Verstöße, zusammen mit der Masse der Anzeigen/Anträge, führt irgendwann zu einer Steigerung, allerdings kann dies lange dauern.
Was kostet eine eine einstweilige Anordnung und wer muss für die Kosten aufkommen?
Ich möchte für diesen Punkt auf die Seite der Berliner Initiative gegen Gewalt an Frauen verlinken. Die Familienrechtsfachanwältin Dorothea Hecht hat recht anschaulich und verständlich Kosten und Kostenrisiken beschrieben
„Übersicht über Anwalts- und Gerichtskosten für Verfahren nach dem Gewaltschutzgesetz und in Kindschaftssachen nach Inkrafttreten des neuen Familiengerichtskostengesetzes“
Wie lange gilt eine einstweilige Anordnung?
In aller Regel werden einstweilige Anordnungen auf sechs Monate befristet, unter Umständen können sie im Anschluss verlängert werden. Theoretisch besteht die Möglichkeit die Anordnung auch für einen längeren Zeitraum zu erlassen, allerdings wird das wohl in der Praxis kaum bis gar nicht umgesetzt
Gilt eine einstweilige Anordnung nur in Deutschland?
Erstmal ja, eine einstweilige Anordnung nach dem Gewaltschutzgesetz wird von einem deutschen Gericht erlassen und dies ausschließlich für Deutschland. Seit dem 11.1.2015 gibt es allerdings eine Neuerung. Kontaktverbote können, per Formular, EU-weit anerkannt werden und bieten so grenzüberschreitenden Schutz vor Nachstellung. Mehr Infos zum EU-weiten Gewaltschutz finden sie hier: Link